Siegel der Bäckerszunft

Etwa einen Kilometer nördlich von Winzlar (Gemeinde Stadt Rehburg-Loccum, Landkreis Nienburg/Weser) entdeckte Christian Valasek ein aus Messing gefertigtes Siegel mit rundlich-ovaler Siegelplatte. Der Schaft ist stegartig mit stark einziehenden Seiten geformt und hat einen rautenartigen Abschluss, der nicht ganz mittig durchbohrt wurde, um das Siegel an einem Kettchen, Metallring oder einer Schnur zu tragen. Deutlich erkennt man auch heute noch die quer zum Schaft verlaufenden Schleif- und Bearbeitungsspuren, die sich auch auf der Rückseite der Siegelplatte zeigen.

In die Siegelplatte ist das Zunftzeichen des Bäckereihandwerks graviert: Zwei einander gegenüberstehende, aufgerichtete Löwen, die zwischen Ihnen eine bekrönte Brezel halten. Darunter befindet sich eine aus fünf kleinen, aneinandergrenzenden Kugeln geformte Linie, die Brötchen darstellen sollen. Normalerweise halten die Löwen auch noch Schwerter, die sich hinter der Brezel kreuzen, aber vermutlich war die Darstellung für das kleine Siegel zu komplex, so dass dieses Detail ausgelassen wurde. Die Standlinie der Löwen dient zugleich als Abgrenzung für ein unteres Feld, in das die Initialen H H graviert sind. Das ganze Motiv wird schließlich von einer einfachen Linie gerahmt.

Die beiden Schleifen, die das „H“ bilden, sind in lateinischer Schreibschrift geschrieben. Sie gehen in Deutschland in dieser Form auf die 1941 eingeführte „Deutsche Normalschrift“ zurück. Außerhalb Deutschlands kann diese Art ein „H“ zu schreiben jedoch älter sein. Das Siegel hat eine typische Form, wie sie für das 19. Jahrhundert typisch ist. 1859 ist für Winzlar ein Bäcker bezeugt, dem dieses Siegel gehört haben könnte (Dienwiebel/Streich 1993, 557).

Der Fundort, an einem Weg, der einen guten Kilometer nördlich von Winzlar ins Moor führt, bedeutet entweder, dass es sich bei dem vollständig erhaltenen Siegel um einen Verlustfund handelt, oder die Ackerfläche wurde mit Mist aus Winzlar gedüngt und das Siegel gelangte auf den Misthaufen oder in die Latrine des Bäckers, als es außer Gebrauch geriet (oder verloren ging).

Finder, Fundmelder, Fundverbleib und Fotos: Ch. Valasek, Wunstorf; Text: D. Lau

Literatur:
Herbert Dienwiebel/Brigitte Streich, Geschichtliches Ortsverzeichnis der Grafschaften Hoya und Diepholz L–Z. Geschichtliches Ortsverzeichnis von Niedersachsen 4 (Hannover 1993).